Abhängig vom Tod
Der Tod und das damit verbundene Leid der Angehörigen sind ein Teil von Abdulkerim Gülers Arbeit. Stirbt ein Angehöriger, müssen sich die Hinterbliebenen um dessen Bestattung kümmern. „Wenn die Familie sich für eine islamische Bestattung bei uns entscheidet, fahre ich los und hole den Verstorbenen ab“, sagt der 20-jährige.
Bestattungen haben ihren Preis. Im Trauerraum des Hakim-i Guraba wird gemeinsam mit den Angehörigen der Bestattungsvertrag besprochen. „Die einfachste Bestattung, mit dem günstigsten Sarg kostet bei uns 1700 Euro. Nach oben gibt es keine Grenze“, so Güler.
Es ist nicht so, dass ich mich über jeden neuen Verstorbenen freue, weil wir daran was verdienen, aber wenn die Familie eine islamische Bestattung möchte, dann soll sie gerne zu uns kommen“, sagt er. Hier bestehe nach Güler Gewissheit für die Angehörigen darüber, dass ihr Verstorbener in guten Händen ist. Daher betrachte er seine Arbeit als wohltuende Aufgabe.
Im Waschraum findet die islamische Reinigung des Körpers eines verstorbenen Muslims statt, auch bekannt als "Ghusl“. Aber auch vorhandene Wunden oder Verletzungen können hier genäht oder verdeckt werden. „Der Verstorbene soll schließlich ansehnlich in Erinnerung bleiben“, so Güler.
Güler hat sich für die Waschung vorbereitet. Neben Gummihandschuhen und einem Kittel wird auch eine Maske getragen. „Schlimme Verletzungen zu nähen macht mir nichts aus, aber manche Leichen riechen einfach extrem und diese Gerüche bleiben im Gedächtnis“, sagt Güler. Aber auch Viren können weiterhin vorhanden sein, die übertragen werden können. Daher sei es wichtig sich selbst zu schützen.
„Nach dem Waschen werden die Verstorbenen in die Kühlzelle gebracht. Hier bleiben sie bis wir einen Platz für sie auf dem Friedhof organisiert haben“, sagt Güler. In manchen Fällen könne dies bis zur einer Woche dauern.
Der Lagerraum ist voller unterschiedlicher Särge. Die aus hartem Kunststoff werden für die Überführung des Verstorbenen in die Heimat per Flugzeug genutzt. „Die meisten Familien wollen, dass ihr Angehöriger in der Heimat begraben wird“, sagt Güler. „Dann endet für uns die Arbeit, wenn wir den Verstorbenen am Flughafen abgeben“, fügt er hinzu.
Auch kleinere Särge für Neugeborene sind hier zu finden. Viele Angehörige wollen auch für diesen Fall einen Ort zum Gedenken - und bestehen auf eine islamische Bestattung.
Die Endstation seiner Arbeit ist heute der Südfriedhof in München. Vor der Beerdigung kommt das Totengebet. Hierfür wird diese Janaza-Platte aus Stein genutzt. „Der Sarg des Verstorbenen wird auf diese Fläche gelegt und die Angehörigen können ihr Totengebet in Blickrichtung Mekka durchführen“, erklärt Güler.
„Hier endet meine Arbeit“, sagt Güler. Alleine im Jahr 2022 haben sie 600 Verstorbene islamisch bestattet, einige davon hier auf dem Südfriedhof. Er sei einerseits traurig über die Vielzahl der Gräber, aber andererseits stolz auf die eigene geleistete Arbeit. Ebenso froh sei er darüber, dass es auf dem Südfriedhof in München einen Bereich nur für islamische Gräber gibt.
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