"Wenn du blind bist, bist du vor allem von anderen abhängig“
Die Orientierung in den unübersichtlichen Katakomben des Münchner U-Bahn-Netzes fällt generell vielen Fahrgästen nicht leicht. Für blinde Menschen ist es jedoch eine echte Herausforderung. An vielen Bahnhöfen gibt es deshalb taktile Pflastersteine. Die Steine sind mit fühlbaren oder tastbaren Merkmalen wie Rillen oder Noppen versehen und dienen sehbehinderten Menschen als Leitlinie.
Wenn Puschmann seine Wohnung verlässt, ist sein Langstock immer mit dabei, dazu ist er sogar gesetzlich verpflichtet. Ob Faltstock oder Teleskopstock, ob mit fester oder mit rollender Spitze, er braucht ihn zur Orientierung. Dabei bewegt er den Stock in einem 180 Grad Radius vor sich her. So kann er die Mitmenschen und Objekte in seiner Umgebung wahrnehmen.
Auf seinem Handy ist ein Screenreader, eine spezielle Software für blinde und sehbehinderte Menschen installiert. Das Programm liest seine Nachrichten vor oder gibt ihm akustische Signale, wo er gerade auf dem Bildschirm navigiert. „Für meinen Alltag ist diese Software unverzichtbar“, sagt er.
Puschmann arbeitet als Programmierer. Den Bildschirm seines Laptops braucht er dazu aber nicht, viel wichtiger ist ihm die große Tastatur. Er nutzt Plug-Ins und Erweiterungen für seinen Screenreader, um Codes in bestimmten Programmiersprachen wie Java oder Visual Studio zu hören.
Nicht jedem Hindernis kann Puschmann aus dem Weg gehen. Verkehrslärm, fehlende Barrierefreiheit oder Hindernisse auf dem Gehweg stellen eine große gesundheitliche Gefahr für blinde Menschen dar, denn Fahrräder oder E-Scooter werden meist achtlos auf den Straßen und Wegen abgestellt.
Das Überqueren von Straßen und Kreuzungen gehört zum Alltag dazu. In München gibt es dazu viele Ampelschaltungen, die mit einem speziellen Signal- und Informationssystem ausgestattet sind. Durch ein akustisches Signal oder per Vibration erkennen sehbehinderte Menschen, wann sie die Straße überqueren dürfen. Ist ein solches System nicht vorhanden, sind sie auf ihre Mitmenschen angewiesen.
Seit 2006 ist Torball eines seiner größten Hobbys. Gemeinsam mit seiner Mannschaft, dem BSV München, trainiert er einmal die Woche in der Sporthalle. Das Training zahlt sich aus, denn aktuell sind sie auf dem zweiten Platz der 1. Torball Bundesliga.
Die Größe des Feldes beträgt 7x16 Meter. Es spielen jeweils drei Personen pro Seite. Abwechselnd versuchen die Teams den Ball ins Tor des Gegners zu werfen. Als Hilfsmittel dient hier ein Ball, der durch Glocken akustische Signale auslöst.
Das Team des BSV München nutzt zum Trainieren die Sportstätten des Adolf-Weber-Gymnasiums. Diese Anlagen sind besonders für blinde Menschen geeignet. Hier haben blinde Schüler zudem die Möglichkeit, das Abitur abzulegen.
"Wenn du blind bist, bist du vor allem von anderen abhängig", sagt Puschmann. "Das gelingt mir bloß, wenn ich einen zweiten Sportler habe, der mich währenddessen unterstützt."
Ein Artikel von