Men in Black
Nach dem Bundesgesetz zur Ordnung des Schornsteinfegerwesens – verständlicherweise im Volksmund auch einfach „Schornsteinfegergesetz" genannt – ist jeder Eigentümer mit einer Heizungsanlage, die Abgase erzeugt, verpflichtet, den Kaminkehrer hereinzulassen.
Moderne Feuerstättenschau
Men in Black - was wie aus einem Kinofilm klingt, ist vielerorts in Deutschland Alltag. Den Beruf des Schornsteinfegers gibt es seit dem 15. Jahrhundert. Auch wenn sich an ihrer grundlegenden Arbeit bis heute nicht viel geändert hat, hat doch die Zeit ihren Beruf stark beeinflusst. So stellt zum Beispiel die Energiewende mit ihren neuen Technologien und alternativen Heiztechniken für viele eine Herausforderung dar. Sie verändert die Tätigkeit des Schornsteinfegers durchgängig.
Michael Haas arbeitet seit knapp 25 Jahren in diesem Beruf. 1998 schließt er seinen Meister ab und übernimmt den Betrieb seines Vaters. Inzwischen beschäftigt er drei Mitarbeiter und einen Azubi in seiner Firma. Ihre Aufgabe ist die sogenannte Feuerstättenschau. Das klingt sehr historisch. Es hat sich im Laufe der Entwicklung des Berufes einiges getan, seitdem im letzten Jahrhundert noch offene Kamine von Schornsteinfegern auf Verschmutzungen und Brandschutz hin begutachtet wurden. Grundsätzliche Tätigkeiten gehören jedoch heute noch zum Berufsalltag, wie wir sehen werden.
Die Leiter anlegen und hinauf auf das Dach. Anders kommen die Schornsteinfeger auch im 21. Jahrhundert nicht zu ihrem Namensgeber – dem Schornstein. Je nach Höhe des Hauses wird der Aufstieg schnell zum Knochenjob und abhängig vom Wetter wird es dort auch schnell rutschig.
Die Leiter und die an einem langen Seil befestigte Bürste sind seit jeher Erkennungsmerkmale des Kaminkehrers. Das Werkzeug selbst ist schon ein Stück Geschichte. Denn vor über 40 Jahren hat bereits sein Vater Ludwig Haas mit diesem Kaminbesen gekehrt.
Ihre Zunftkleidung ist tatsächlich schwarz, die goldenen Knöpfe der einzige Farbtupfer, bei dem ganzen Ruß ist die Farbwahl jedoch nicht verwunderlich. Ihre Werkzeuge sehen etwas fremdartig aus. Die beschwerten Bürsten an Seilen in den Schornstein hinabzulassen, ist aber definitiv einfacher als hineinzusteigen.
Bei der Verbrennung von Holz, Briketts und Pellets entsteht Ruß, der sich an den Wänden des Schornsteins absetzt. Diese Rückstände können den Abzug verstopfen oder sich im schlimmsten Fall sogar entzünden. Für die damals überwiegend aus Holz errichteten Häuser eine Katastrophe, die durch den Besuch des Schornsteinfegers verhindert wird. Deshalb auch die Tradition, dass die Männer in schwarzer Kluft und goldenen Knöpfen Glück bringen.
Es hat sich im Handwerk auch Einiges verändert. So kommen auch moderne Instrumente zum Einsatz, wie beispielsweise unbemannte Luftfahrzeuge zur Inspektion und Überwachung von Dächern. Die Reinigung selbst kann eine Drohne zwar nicht übernehmen, aber es ist einfacher, eine Drohne aufsteigen zu lassen, als mühsam jedes Dach und jeden Schornstein mit der Leiter zu erklimmen, um einen Schornstein zu überprüfen. Das minimiert den Aufwand und bedeutet weniger Gefahr für den Kaminkehrer.
Ein schneller Blick auf den Bildschirm bestätigt, dass der Abzug wieder frei ist. Für eine routinemäßige Überprüfung ist die Drohne das beste Mittel. Als Bezirksschornsteinfeger in Oberbayern ist Michael Haas zusammen mit seinen Mitarbeitern für die Kontrolle von über 2500 Haushalten verantwortlich. Da kommt man schnell unter Zeitdruck. Bei flüssigen Brennstoffen ist lediglich eine Überprüfung pro Jahr Pflicht, für Heizungen mit festem Brennstoff, wie Holz oder Kohle, sind es schon mindestens drei.
Michael Haas hat nach seiner Meisterprüfung zusätzlich ein Studium zum Energieberater abgeschlossen. Zu seiner Zeit noch eine besondere Qualifikation, gehört die Weiterbildung heute schon zur Gesellenprüfung mit dazu. Schornsteinfeger können so Energieausweise erstellen, Eigentümer zu Modernisierungen und Sanierungen beraten, aber auch Fördermaßnahmen beantragen. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Ein komplett neues Tätigkeitsfeld – ganz ohne Ruß.
Wo früher Blecheimer und Kehrschaufel ausreichend waren, benötigt das Handwerk heute eine ganze Palette an technischen Hilfsmitteln. Knapp 75 Prozent aller deutschen Haushalte heizen inzwischen mit Öl, oder Gas. Der Emissionsanteil sowie der Verlust von Wärme über die Abluft müssen regelmäßig gemessen werden.
Schornsteinfeger wie Michael Haas müssen anpassungsfähig sein. Moderne Anlagen haben so gut wie nichts gemein mit den offenen Kaminen, an denen die Gründungsväter seiner Zunft gearbeitet haben. Bei der Wartung dieser Gasheizung wird der Abgasverlust ermittelt. Der Wert gibt die Heizwärme an, die über den Schornstein entweicht. Ist er zu hoch, arbeitet das System nicht effizient, und die Heizkosten schnellen in die Höhe. Ist der Wert zu niedrig, kann Feuchtigkeit im Abzug kondensieren und zu Schäden führen.
Was vor ein paar Jahrzehnten noch der Kachelofen war, ist heute die Pelletheizung. Sie verbrennt Holz in gepresster Form mit einem sehr hohen Wirkungsgrad, es geht also sehr wenig Wärme bei der Verbrennung verloren. Dabei entsteht lange nicht so viel Ruß wie bei einem Kamin mit normalem Scheitholz. Trotzdem muss der Schornsteinfeger den Emissionsgehalt in den entweichenden Abgasen regelmäßig überprüfen.
Dann geht es nach all der Technik doch wieder zurück zum Ursprung des Berufs. Nicht jede Stelle des zehn Meter hohen Schornsteins lässt sich vom Dach aus erreichen. Michael Haas nutzt die in regelmäßigen Abständen eingebauten Revisionsklappen, um auch das letzte bisschen Ruß zu entfernen.
An der Reinigungsöffnung am Sockel muss sich der Schornsteinfeger dann noch einmal sprichwörtlich die Hände schmutzig machen. Die durch den Kaminbesen gelösten Ablagerungen müssen entfernt werden – mit einer Rußschöpfkelle. Ganz klassisch, wie schon vor hunderten von Jahren.
Nach getaner Arbeit geht es weiter zum nächsten Haus. Jeder neue Auftrag entweder ein Sprung in die Vergangenheit oder ein Blick in die Zukunft.
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