Gesellschaft

Freiheit durch Verzicht: Ein Leben im Kloster

Carolin Bittner
Lesezeit 10 Minuten
Mönch in Kirche
Bruder Natanael
Credit: Carolin Bittner
In Deutschland gibt es rund 220 evangelische und fast 2.100 katholische Klöster und Zweigstellen. In den meisten von ihnen arbeiten und leben Mönche und Schwestern. Warum entscheiden sich auch heute noch Menschen freiwillig zu Verzicht, Bescheidenheit und Armut? Auf der Suche nach Antworten, bei den Franziskaner-Mönchen in München.
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Mönch beim Beten
Credit: Carolin Bittner

Die Franziskaner Mönche in München pflegen einen Lebensstil, der anders ist als ihn die meisten kennen. Für Außenstehende mag es manchmal gar unvorstellbar sein. Denn ein Leben als Mönch bedeutet, sein altes Leben hinter sich zu lassen und viele Freiheiten aufzugeben.

 

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Mönch Portrait
Credit: Carolin Bittner

Doch Bruder Natanael und 19 weitere Franziskaner sind mit diesem Leben mehr als zufrieden. „Ich habe es nie bereut, in den Orden eingetreten zu sein.“ Er habe zwar auch vorher ein erfülltes Leben mit Haus, Auto und einem guten Job gehabt, sei aber jetzt zufriedener, so Bruder Natanael.

 

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Gebetskordel
Credit: Carolin Bittner

Der Verzicht im Leben wird durch die drei Knoten am Habit symbolisiert. Beim vollwertigen Eintritt in den Orden, nach circa 7-8 Jahren „Probezeit“, schwören die Brüder ehelose Keuschheit, Armut und Gehorsam. „Die Regeln sind aber nicht so streng, wie sie sich zuerst anhören", so Natanael. "Mit Armut ist heute eher Bescheidenheit gemeint. Das heißt, dass man nicht mehr besitzt als absolut notwendig. Und Gehorsam bedeutet auch nicht die absolute Hörigkeit."

 

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Mönch in seinem Zimmer
Credit: Caroline Bittner

 Jedes Ordensmitglied hat im Kloster sein eigenes Zimmer - ohne großen Luxus. Auch daran kann man die Bescheidenheit der Franziskaner erkennen. Doch Bruder Natanael ist damit sehr zufrieden. Er fühle sich freier als vorher, da er sich keine Gedanken und Sorgen machen müsse, ob das Geld am Ende des Monats reicht oder ob er neue Sachen braucht.

 

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Mönch in Kirche
Credit: Carolin Bittner

Zum Leben der Franziskaner gehört natürlich auch der vom Orden geregelte Alltag. Jeder Tag startet um 7 Uhr mit dem Morgengebet und der anschließenden Messe in der hauseigenen Klosterkirche. Doch für die Brüder ist die tägliche Messe nicht verpflichtend.

 

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Brotverteilung an Bedürftige
Credit: Carolin BIttner

Nach der Messe und dem anschließenden Frühstück geht jeder Franziskaner seinem individuellen Tagesablauf nach. Jeder Mönch hat feste Aufgaben, die ihm liegen, aber auch Aufgaben, die wöchentlich neu verteilt werden. Eine wichtige Aufgabe ist die Arbeit in der Suppenküche. Hier wird jeden Tag eine Mahlzeit für Bedürftige vorbereitet und anschließend verteilt.

 

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Mönch in der Küche
Credit: Carolin Bittner

Die Franziskaner möchten nach den Grundsätzen der Nächstenliebe leben. In der Suppenküche verteilen sie jeden Tag 50 bis 70 Mahlzeiten an Bedürftige in München.

 

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Mönch an PC
Credit: Carolin Bittner

Als gelernter PR-Fachmann hat Bruder Natanael außerdem die Aufgabe, mit weiteren Mitarbeitern die Ordenszeitschrift zu gestalten. Dies geschieht online und ohne Habit. „Die Ordenskleidung müssen wir nur tragen, wenn wir repräsentative Aufgaben für den Konvent erledigen. Ansonsten tragen wir normale Alltagskleidung.“

 

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Mönch in Kirche
Credit: Carolin Bittner

Einmal am Tag sieht sich Bruder Natanael zudem die Fürbitten der Gemeinde an. Diese werden dann mit in die Gebete aufgenommen. „Das Beten ist auch eine Zeit, in der ich meine Gedanken schweifen lasse. Besonders frei fühle ich mich dabei, wenn ich nachts in den Sternenhimmel schaue und realisiere, dass wir nur kleine Sandkörner im Rad des Universums sind“, so der Bruder.

 

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Franziskaner Kloster München
Credit: Carolin Bittner

Obwohl ein Leben im Kloster mehr Freiheiten bietet als gedacht, ist es in Deutschland ein unattraktiver Lebensweg, der viele Menschen eher abschreckt als fasziniert. Heute fehlt es vor allem an Nachwuchs. In den letzten zehn Jahren mussten deshalb 13 Konvente ihre Pforten für immer schließen.

 

Ein Artikel von

Carolin Bittner