Gesellschaft

Häusliche Gewalt unter Männern

Tabea Fackelmann
Lesezeit 5 Minuten
Ein leerer Verhandlungsraum im Amtsgericht München.

Leere Verhandlungsbänke im Saal, während das Gericht im Hinterzimmer ein Rechtsgespräch führt

Credit: Tabea Fackelmann
Erpressung und Körperverletzung: Ein Mann bedrohte seinen eingetragenen Lebenspartner. Fünf Jahre später steht er für diese Tat vor Gericht.
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München. Ende Mai 2023 muss sich der 48-jährige Angeklagte vor dem Amtsgericht München verantworten  - für Taten, die er Ende 2017 begangen hat. Grund für die späte Verhandlung: Der gebürtige Serbe befand sich in seinem Heimatland, wo die deutsche Justiz ihn nicht finden konnte. Bei seiner erneuten Einreise nach Deutschland erfolgte dann aber die Festnahme. Nach zwei Monaten Untersuchungshaft steht  er nun wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Erpressung vor Gericht. 

„Ich bring dich um, wenn du zur Polizei gehst.“

Der erste Übergriff ereignete sich im September 2017. Es kam zu einem Streit zwischen dem Angeklagten und seinem damaligen, ebenfalls aus Serbien stammenden Lebenspartner.  Er soll ihn an die Wand gedrückt und gewürgt haben. Dann soll er von seinem Partner 1.000 Euro verlangt haben, damit er ihn aus dem Griff befreie. Dieser willigte ein. Es kam jedoch nicht zur Zahlung.

Einen Monat später kam es zu einer erneuten Auseinandersetzung. Diesmal habe der Angeklagte seinem Lebenspartner mit der Hand auf den Hinterkopf geschlagen und ihm mit dem Unterarm einen Schlag ins Gesicht versetzt. Daraufhin habe er ihm mit den Worten gedroht: „Ich bring dich um, wenn du zur Polizei gehst.“ So hat es der Partner bei der Polizei ausgesagt. Die Anklage zitiert aus den Protokollen von damals. 

Laut der aktuellen Auswertung des Bundeskriminalamts gab es 2021 rund 160.000 Fälle von Partnerschaftsgewalt in Deutschland, das sind rund 17 Prozent aller Gewalttaten gegen Personen. Knapp jedes fünfte Opfer und rund vier von fünf der Tatverdächtigen waren männlich. Wie viele Männer dabei Opfer in heterosexuellen oder in homosexuellen Beziehungen wurden, lässt sich aus der Statistik nicht herauslesen. 

Das schwule Anti-Gewalt-Projekt in Berlin MANEO spricht in einem Dossier über Gewalt in homosexuellen Beziehungsformen von einer „doppelten Scham“. Die Betroffenen gehören zu einer gesellschaftlichen Minderheit und werden dadurch bereits „stigmatisiert und abgewertet“. Meist kommt es in solchen Fällen gar nicht erst zur Anzeige.

Deal mit der Staatsanwaltschaft

Anfangs bestreitet der 48-Jährige Angeklagte die Taten. Es sei lediglich zu einem Streit im Oktober gekommen, nachdem er sich aufgrund seiner Depression nicht im Stande fühlte, zur Arbeit zu gehen, sein damaliger Partner dies aber von ihm verlangt hätte. Während der Auseinandersetzung habe er den Geschädigten mit der Hand am Hals ans Sofa gedrückt. Er habe ihn aber nicht erpresst.

Daraufhin ziehen sich die Gerichtsparteien zurück. In einem Hinterzimmer führen sie ein sogenanntes Rechtsgespräch. Dort legt das Gericht dem Angeklagten dar, welche Strafe ihn erwarten könnte, falls er die Taten nicht gesteht. Bei einer Erpressung wären laut Gesetz  fünf Jahre Gefängnisstrafe möglich. In diesem Fall steht eine Gefängnisstrafe von einem Jahr ohne Bewährung im Raum. Schließlich handeln die Parteien einen Deal aus.

Nach etwa 30 Minuten steht fest: Der Angeklagte gesteht. Er legt ein vollumfängliches Geständnis ab und bedauert vor Gericht, was vorgefallen ist. „Es ging ihm aufgrund seiner Depressionen nicht gut,“ erklärt seine Verteidigerin. Außerdem wolle er sich bei seinem ehemaligen Lebenspartner entschuldigen. Als er das tut, antwortet dieser: „Es ist okay“, verzichtet aber auf ein Händeschütteln.

Urteilsverkündung

„Für den Angeklagten spricht, dass er ein vollumfängliches Geständnis abgelegt hat, sich entschuldigte und diese Entschuldigung auch angenommen wurde“, erklärt der Richter. Zu seinen Gunsten wird ihm auch ausgelegt, dass er nicht vorbestraft war, an psychischen Problemen litt und die Tat fünf Jahre her ist.

Verurteilt wird der Angeklagte zu zehn Monaten Freiheitsstrafe. Er verlässt die Verhandlung aber als freier Mann, da die Strafe vollständig zur Bewährung ausgesetzt wird. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre und beinhaltet die zusätzliche Auflage, dass er seine Wohnsitzwechsel angeben muss.

Das Urteil ist rechtskräftig.

Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Wahlpflichtmoduls "Gerichtsberichterstattung". 

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Tabea Fackelmann