Verwaltungsjurist über Stadt München: „Die Bauleitplanung hat keine Hoheitsrechte“
An der alten Paketposthalle in Laim-Nymphenburg könnten 155 Meter hohe Zwillingstürme entstehen. Eine Bürgerinitiative wehrt sich dagegen.
Lars Burger
Die Stadt München hat Anfang April bekannt gegeben, dass die Initiative „HochhausSTOP“ eine ausreichende Anzahl an Unterschriften gegen den Hochhausbau eingereicht hat. Nun hat sich der Stadtrat mit den Forderungen der Initiative beschäftigt und das Bürgerbegehren gegen Hochhäuser aus rechtlichen Gründen zurückgewiesen. Mit der geforderten Höhenvorgabe von maximal 60 Metern für zwei Gebäudetürme an der Paketposthalle würde der Abwägungsspielraum der Stadt unzulässig beschnitten, argumentieren die städtischen Juristen. Dr. Bernd Söhnlein, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Neumarkt in der Oberpfalz, erläutert die juristische Lage.
„Die kommunale Planungshoheit ist verfassungsrechtlich abgesichert“, so der Rechtsexperte. Dennoch kann er die Argumentation der Münchner Stadtverwaltung nicht ganz nachvollziehen. Ein Bürgerentscheid könne niemals in die kommunale Planungshoheit eingreifen. Denn ein Bürgerentscheid habe die gleiche rechtliche Wirkung wie ein Stadtratsbeschluss. Allenfalls könne man die Auffassung vertreten, dass ein Bürgerentscheid in das Selbstverwaltungsrecht des Stadtrats eingreife, weil er dem Stadtrat als Verwaltungsgremium eine Entscheidung aus der Hand nehme.
Dr. Bernd Söhnlein, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Neumarkt in der Oberpfalz, erläutert die juristische Lage, wann ein Bürgerbegehren zu einem Bürgerentscheid werden darf.
Kanzlei Söhnlein
Der bayerische Gesetzesgeber habe aber in der Gemeindeordnung ausdrücklich geregelt, dass der Bereich der Bauleitplanung nicht vom Bürgerbegehren ausgenommen sein solle. Bislang wurde dies auch nicht in Frage gestellt. Der Rechtsprechung nach kann die kommunale Bauleitplanung Gegenstand eines Bürgerbegehrens sein, wenn die Vorschriften des Baurechts eingehalten werden. „Die Bauleitplanung hat keine Hoheitsrechte.“ Rechte hätten immer nur Rechtspersonen, das heißt die Stadt als kommunale Gebietskörperschaft habe das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Dieses werde hier aber nicht verletzt.
„Soweit ich den Fall überblicken kann, sehe ich, wenn die Stadt München das Bürgerbegehren ablehnt, relativ gute Erfolgsaussichten für einen erweiterungsgerichtlichen Eilantrag auf Zulassung des Bürgerentscheids“, erläutert Söhnlein, dem keine vergleichbaren Präzedenzfälle aus anderen Städten bekannt sind. Die Fragestellung der Initiative nach dem Bau der konkreten zwei Türme an der Paketposthalle hält er für „zulässig“. Er erklärt: „Durch einen Bürgerentscheid kann alles beschlossen werden, was der Stadtrat auch beschließen könnte.“
Noch ist unklar, ob die Büger/innen Münchens an die Urnen zur Abstimmung über die Hochhäuser dürfen.
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Der Stadtrat könne ein Bebauungsplanverfahren einleiten mit dem Ziel, das Maß der baulichen Nutzung in Gestalt einer maximalen Gebäudehöhe festzusetzen. Hier sei allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Fragestellung nicht auf ein Bauleitplanverfahren beziehe, sondern auf „alle rechtlich zulässigen Maßnahmen“ gerichtet sei, die Hochhäuser über 60 Meter in dem betreffenden Gebiet verhinderten. Das gehe nur über einen Bebauungsplan.
Es könne sein, dass die Stadt München die Fragestellung so interpretiert, dass sie sich nicht auf die Bauleitplanung beziehe, sondern auf die Baugenehmigung. Die Baugenehmigung wird zwar auch von der Stadt München erteilt, allerdings in ihrer Funktion als Verwaltungsbehörde. Insofern könnte man dem Bürgerbegehren vorwerfen, dass die Fragestellung zu unbestimmt sei. „Allerdings“, sagt Söhnlein schlussendlich, „waren die Verwaltungsgerichte in der Vergangenheit diesbezüglich eher großzügig zu Gunsten der Initiatoren von Bürgerbegehren.“
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