Mittagspause: Kleine Auszeit - große Wirkung?
Kleine Auszeit auf der Baustelle
Melina-Kristin Wendt
Pausenzeiten in der gesetzlichen Arbeitszeit
In Deutschland wird die Länge und der Zeitpunkt der Pause durch das Arbeitszeitgesetz geregelt. Bei mehr als sechs Stunden Arbeit muss es mindestens eine halbe Stunde Ruhezeit geben. Die Arbeitgeber müssen überwachen, dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Beschäftigte ausreichend Erholung haben.
Gesetzliche Arbeits- und Pausenzeitregelung
Melina-Kristin Wendt
Psychosoziale Auswirkungen - Wieso Auszeiten wichtig sind
Dass Pausenzeiten gesetzlich vorgeschrieben sind, hat einen guten Grund. Der Arbeitspsychologe Johannes Wendsche von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), erklärt, warum dies so ist. "Wir nennen es: kurzfristige Beanspruchungsfolgen abbauen. Das ist die sogenannte psychische Ermüdung. Man fühlt sich fertig, schlapp, niedergeschlagen und energielos. Man erlebt Langeweile, ist gestresst oder verärgert.“ Je länger man arbeitet, desto größer wird diese Belastung. Sie steigt exponentiell an, wenn Ruhezeiten vernachlässigt werden. Die bauen nicht nur Stress ab, sondern fördern auch das Lernen, die Kreativität und die Problemlösung. „Deshalb gibt es Pausen auch in der Schule nicht ohne Grund. Lernen funktioniert besser, wenn der Stoff gestaffelt mit Unterbrechungen dazwischen vermittelt wird."
Nicht nur in der Schule haben sie große Auswirkungen. „Je länger die letzte Ruhephase her ist, desto stärker steigt das Unfallrisiko. Deshalb haben Auszeiten auch eine hohe Relevanz für die Arbeitssicherheit“, so der Experte. Doch sie wirken nicht nur körperlich: „Sie haben auch eine soziale Funktion. Man kann sich austauschen, quatschen und sich als Teil des Teams fühlen“, sagt Wendsche. Wer bei der Arbeit Kontakte pflegt, kündigt seltener. Doch diese Geselligkeit hat nicht nur Vorteile: „Soziale Pausen können auch beanspruchen oder belasten. Man muss sich unterhalten. Vielleicht redet man über die Arbeit und distanziert sich dann nicht so stark“.
Die perfekte Unterbrechung
"Bei Pausenaktivitäten empfiehlt man immer, etwas Gegenteiliges zur Arbeit zu machen", so der Psychologe. Wer den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt, sollte sich zwischendurch bewegen. Wer körperlich arbeitet, darf sich gerne zurücklehnen.
Den größten Erholungseffekt bringt die Pause in den ersten Minuten. Das bedeutet jedoch nicht, dass längere Auszeiten überflüssig sind. Entscheidend ist, wie man sie nutzt. Auch der Zeitpunkt ist wichtig. Die beste Erholung bringt eine Pause nach der Mitte des Arbeitstages. Dann, wenn die Ermüdung langsam beginnt, aber noch nicht zu stark ist.
Aktive Erholungszeit
Melina-Kristin Wendt
Schwierigkeiten – Ein Blick auf unterschiedliche Berufsarten
Büromitarbeiter sitzen meist an einem festen Arbeitsplatz und haben die Gelegenheit, ihre Mittagsmahlzeit zu planen. Bei den Stadtwerken München können sie zum Beispiel in der Kantine, im Pausenraum oder sogar im Freien essen und sich dort auch kurz bewegen.
Gewerblich-technische Mitarbeiter hingegen sind teilweise viel unterwegs. Sie stehen vor Herausforderungen bei der Planung ihrer Auszeiten. Das Essen muss häufig unterwegs oder in der Nähe der Arbeitsstelle eingenommen werden, was die Erholung erschweren kann. "Sie können leider nicht auf eine Kantine zurückgreifen, sondern müssen sich dann oft irgendwo eine Semmel holen. Und das ist natürlich eine gewisse Ungerechtigkeit. Sie können weder das vergünstigte Angebot aus der Kantine noch eine vergleichbare Essensqualität erhalten. Dementsprechend herrscht schon leider eine gewisse Zweiklassengesellschaft im Unternehmen", so Christian Mack, Leiter Personalstrategie der Stadtwerke München.
Als ein weiteres Beispiel nennt er Busfahrer. Diese haben „Wechselpausen“. Sie müssen während der Ruhezeit ihren Standort wechseln. Zwar werde der Standortwechsel bei der Berechnung der Arbeitszeit berücksichtigt, bei Verspätungen ließen sich Auswirkungen auf die Erholungszeit jedoch kaum verhindern, so Christian Mack.
Mit einer Menge Arbeit - auch so wird die Mittagszeit oft verbracht.
Melina-Kristin Wendt
Wandel der Pause – Verändert Homeoffice unser Verhalten?
Durch die Arbeit im Homeoffice verändert sich auch die klassische Mittagszeit. Laut Wendsche sind die Unterschiede im Pausenverhalten zwischen daheim und auswärts aber sehr gering. "In meiner Studie habe ich festgestellt, dass Homeoffice-Auszeiten im Schnitt 41 Minuten dauern, im Büro 43.“
Es gibt aber Unterschiede im Umgang mit ihnen: "Im Büro erinnert einen vielleicht der Kollege daran, dass jetzt Zeit für eine Pause ist, oder es herrschen strikte Normen. Man geht zusammen in der Kantine essen oder trifft sich in Gruppen. Das ist mir im Homeoffice komplett selbst überlassen.“
Grundsätzlich fordert Homeoffice mehr Selbstdisziplin und eine bewusste Planung. Ein Tipp vom Experten ist es, auf offene Kalendersysteme zurückzugreifen und Auszeiten fest einzuplanen. So können auch die Kollegen sehen, wann Pause gemacht wird. Rund 30 Prozent verzichten nämlich auf sie - aus Angst, sie könnten faul oder unproduktiv wirken. Seit September 2022 ist jedoch - auch aus diesem Grund - das Dokumentieren der Arbeitszeit Pflicht. "Also Anfang, Ende und eben auch die Unterbrechungen“, so Wendsche.
Pause vorbei - Schade!
Viel Zeit haben Thomas und seine Kollegen auf der Baustelle leider nicht für uns. Nach ihrem Essen geht es direkt weiter. Der Weg pflastert sich schließlich nicht von selbst, lautet ihre Devise.
Podcast
Wir sprechen mit Sophie über die verschiedenen Mittagspausenkulturen in Japan, Deutschland und den USA.
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