Gesellschaft

München: Ein Paradies für Familien?

Tabea Fackelmann
Jonas Müller
Niklas Vatterodt
Lesezeit 8 Minuten
Im Mittelpunkt des Fotos rennt ein Vater seiner Tochter auf dem Laufrad hinterher.

Familie von der Au lebt seit zwei Jahren in ihrer Wohnung in Schwabing-Nord.

Credit: Jonas Müller
München zählt zu den reichsten Städten Deutschlands. Doch ob davon auch die Jüngsten der Stadt sowie deren Eltern profitieren, steht auf einem anderen Blatt.
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Auch an ungemütlichen Tagen wie diesem verzichtet die Familie von der Au nicht auf einen Gang zum Spielplatz. Der Weg ist nicht weit. Er befindet sich direkt auf dem Hof ihrer Münchner Wohnung. Aufgeregt rennt die eineinhalb-jährige Tochter auf den Sandkasten zu. Klitzekleine Fußabdrücke bilden sich im feuchten Sand ab. Hier kann sie sich austoben, spielen und entdecken, aber nur innerhalb des eingezäunten Hinterhofs. Dahinter befindet sich eine Straße, die das Spieleparadies klar von dem Rest der Stadt abtrennt. Ein Kind in der Stadt großzuziehen hat seine Vor- und Nachteile. Je nachdem, wie sehr eine Stadt sich um die Familienfreundlichkeit bemüht, können die Vorteile überwiegen oder die Nachteile. Doch wie sieht es in der bayerischen Landeshauptstadt aus. Kann sich München Familienfreundlichkeit auf die Kappe schreiben?

 

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Im Vordergrund ein Kleinkind von hinten. Vor dem Kind kniet sein Vater und schaut es an

Simon von der Au hat sich auf die Geburt seiner Tochter „nicht klassisch vorbereitet“. Über Kita- und Kinderarztplätze haben sie sich vorab keine Gedanken gemacht.


Credit: Jonas Müller
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Ein Kleinkind spielt im Sandkasten mit einem Bagger daneben steht der Vater

Der Gang zum Spielplatz ist zur täglichen Gewohnheit geworden.


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Vor einem Zaun steht ein Kleinkind auf seinem Laufrad. Es ist von hinten zu sehen

Im abgetrennten Hinterhof kann die Tochter sich frei bewegen.


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Auf der rechten Seite sitzt eine Frau und unterhält sich mit einer weitern Frau die sich links im Bild befindet

Sibylle Brendelberger vom Kinder- und Jugendforum setzt sich seit vielen Jahren für die Belange der Kinder und Jugendlichen in München ein.


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Links steht eine Frau die sich mit zwei Studenten unterhält die sich rechts im Bild befinden

Im Rahmen des Kinder- und Jugendforums haben die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit, mit Unterstützung von professionellen Journalisten an der „Münchner Kinderzeitung“ (MÜK) zu arbeiten.


Credit: Jonas Müller

Für Familienvater Simon von der Au gehören Spielplätze zu einem wichtigen Indikator für die Familienfreundlichkeit eines Bezirks: „Aber auch die Möglichkeit, dass die Kinder laufen können, Grünfläche vorhanden ist und es verkehrsberuhigte Zonen gibt, wo sie mit einem Laufrad rumdüsen können“, ergänzt der 31-Jährige. Dem stimmt die Mitarbeiterin des Kinder- und Jugendforums, Sibylle Brendelberger, zu: „Es ist essenziell wichtig, dass es Flächen gibt, wo sich Kinder und Jugendliche aufhalten können.“

Das Thema Spiel- und Freizeitflächen sei auch ein Dauerbrenner bei den Kinder- und Jugendforum-Treffs, bei denen die Jüngsten der Stadt sich zweimal im Jahr beteiligen können. Durch Vorschläge oder Anträge an die Politik und Stadtverwaltung können sie mitbestimmen, was ihrer Meinung nach in München verändert werden soll. In einer dicht besiedelten Großstadt wie München fehle es an Freiflächen, an denen sie sich austoben können. „Raum ist in einer Stadt ein begehrtes Gut und da geraten die Interessen der Kinder und Jugendlichen schnell in den Hintergrund“, erklärt Brendelberger.

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Flächendichte

Verteilung der Kategorien (Spielplätze, Grundschulen, …) über die geografische Fläche des Stadtbezirkes. Beispielsweise wie viele Spielplätze pro Quadratkilometer.

Nicht nur in Sachen Freizeitgestaltung stellt dies ein Problem dar: „Es ist ganz entscheidend, dass Familien einen Raum haben, den sie sich leisten können“, sagt die Sozialpädagogin. Sonst führe es dazu, dass junge Familien sich immer weiter von der Stadt entfernen. Noch dazu komme die Betreuungssituation: „Kinder können nur da aufwachsen, wo die Eltern eine Chance haben, ihrer Arbeit nachzugehen.“ Denn eine Stadt kann nur kinderfreundlich sein, so lang sie auch familienfreundlich ist und umgekehrt.

Damit diese Bedingungen erfüllt sind, müsse das einer Stadt auch etwas wert sein. Es müsse laut Brendelberger mehr in Einrichtungen, Freizeit- und Spielflächen investiert werden. Außerdem spiele im Hinblick auf Kinderfreundlichkeit die öffentliche Wahrnehmung eine wichtige Rolle. „Die Toleranz gegenüber Kinder- und Jugendlichen nimmt immer mehr ab“, erklärt sie. „Doch sie brauchen auch einen Raum und sie haben ein Recht sich auszuleben. Das gehört zum Jungsein dazu.“

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Konkurrenz

Verteilung der Kategorien (Spielplätze, Grundschulen, …) auf die Anzahl der im Stadtbezirk lebenden Kinder. Beispielsweise wie viele Kinder pro Kinderarzt.

Laut Sibylle Brendelberger ist in München beim Thema Kinder- beziehungsweise Familienfreundlichkeit noch reichlich Luft nach oben. Zwar war die Landeshauptstadt zu einem Zeitpunkt sogar Vorreiter in Sachen Kinder- und Jugendbeteiligung mit der Einführung der Stelle der Kinderbeauftragten, die sich um die Interessen der jüngeren Mitbewohner gekümmert hat. „Aber mittlerweile ist bundesweit an München vorbeigefahren worden“, sagt die Sozialpädagogin, denn andere Städte hätten im Gegenteil zur bayerischen Metropole mehr in die Kinderfreundlichkeit investiert. Dies sei für eine Stadt essenziell notwendig, denn: „Familien sind unsere Zukunft und wenn gerade Ballungsgebiete so gestaltet werden, dass es für Familien nicht mehr attraktiv ist, dann ist die Frage, wohin driften solche Gebiete und wohin driftet unsere Gesellschaft, wenn es für Leute unattraktiv wird, eine Familie zu gründen.“

 

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Tabea Fackelmann
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Niklas Vatterodt