Gesellschaft

Verbrechen im Netz – Wie das Internet Straftaten verändert

Annika Pezold
Jonas Hackbusch
David Angerpointner-Sonntag
Lesezeit 10 Minuten
Außenschuss des Bayerisches Justizministeriums

Jährlich stellt das Bayerische Justizministerium die Strafverfolgungsstatistik vor.

Credit: David Angerpointner-Sonntag
Alle kennen es, alle nutzen es. Das Internet. Die Vorteile sind bekannt, doch wie wirkt sich das World Wide Web auf Straftaten aus? In diesem Online-Artikel geben wir einen Einblick in 30 Jahre Kriminalstatistik.
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Smartphones, Online-Meetings oder Streaming-Dienste. Das Internet hat sich in den vergangenen Jahrzehnten enorm verändert. Egal, ob man sich die Anzahl der Internetnutzer, die Entwicklung des mobilen Netzes oder andere Kennzahlen anschaut, überall ist ein starker Anstieg zu verzeichnen. Besonders die Einführung sozialer Netzwerke, wie Facebook und Twitter, hat diese Entwicklung mit Beginn des neuen Jahrtausends noch verstärkt.

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Im Jahr 2020 lag der Anteil der Internetnutzenden in Deutschland laut Statista bei 88 Prozent. Zu Beginn dieses Jahrtausends waren es noch unter 40 Prozent. Doch was ist seit der Erfindung des Internets passiert? Folgender Zeitstrahl gibt einen Überblick über die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung des Internets.

Das Internet erleichtert vieles in unserem Alltag. Auch das Bayerische Staatsministerium der Justiz bestätigt, dass die Welt immer digitaler wird. Durch Emails, Online-Meetings oder das Teilen gemeinsamer Projekte werden viele Arbeitsschritte schneller und einfacher. Das Ministerium merkt aber auch an: “Das Internet bietet nicht nur Vorteile für Private und Unternehmen. Auch Kriminelle nutzen die sich daraus ergebenden Möglichkeiten, z. B. durch Hacking, Phishing oder Verbreitung kinderpornografischer Inhalte.” Im Jahr 2021 wurden in Deutschland 146.000 Cyberstraftaten vom Bundeskriminalamt (BKA) erfasst, ein Zuwachs um 12 Prozent im Vergleich zu 2020. Es stellt sich also die Frage: Hat das Internet die Begehung bestimmter Straftaten erleichtert?

Um das zu beantworten, schauen wir uns die drei Straftaten Urkundenfälschung, Computerbetrug und Kinderpornografie näher an und vergleichen deren Entwicklung mit der des Internets. Insgesamt analysieren wir dafür den Zeitraum von 1990 bis 2020.

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Dabei ist Urkundenfälschung keineswegs ein Phänomen, das es erst seit der Neuzeit gibt: Der ersten nachgewiesenen Urkundenfälschung fiel bereits 800 vor Christus Konstantin I. zum Opfer. Der römische Kaiser soll demnach die geistige Oberherrschaft über die damals bekannte Welt an den Papst überschrieben haben.

Auch heute sind Fälschungen allgegenwärtig, obwohl Stempel, Unterschriften, Wasserzeichen und Hologramme versuchen, Originale zu schützen. Von 1990 bis 2020 lässt sich aber weder eine entscheidende Zu- noch Abnahme an Urkundenfälschungen in den Daten erkennen. Die meisten Delikte in diesem Zeitraum gab es 1995, in den Folgejahren war der Trend rückläufig. „Bei den wenigsten wird sich erst mit dem Aufrufen des World Wide Web die kriminelle Energie entwickeln“, sagt Dr. Marc Maisch, Rechtsanwalt aus München. Im Jahr 2020 waren es deutschlandweit 21.288 Fälle. 41 Prozent davon wurden mithilfe des Internets begangen.

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Symbolfoto mit Impfpass und Covid-19-Impfplakette

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass auch das Fälschen von Impfbescheinigungen als Urkundenfälschung gemäß Paragraf 267 Strafgesetzbuch strafbar ist.

Credit: Jonas Hackbusch

Wenn sich Personen in Computerprogramme hacken, die Software verändern und Daten zu ihrem Vorteil fälschen, sprechen wir von Computerbetrug. Das Ganze wird in Paragraf 263a Strafgesetzbuch geregelt. Hierzu zählen beispielsweise Manipulationen von Telefonkarten, der unerlaubte Zugriff auf das Online-Konto und auch das widerrechtliche Erlangen von Kreditkartendaten. Wegen Letzterem musste sich im Sommer 2022 ein 25-Jähriger vor Gericht verantworten. Ihm wurde vorgeworfen, mithilfe von gestohlenen Kreditkarten fast 12.000 Tickets bei der Deutschen Bahn gebucht und diese dann mit hohen Gewinnen weiterverkauft zu haben. Das Urteil lautete: Sieben Jahre und sechs Monate Freiheitsstrafe.

Der generelle Verlauf vom Computerbetrug in Deutschland zeigt: Von 1990 bis 2020 gab es einen Anstieg um 412 Prozent. Das bisherige Allzeithoch war 2007, als es in Deutschland dazu 2885 Verurteilungen gab.

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Eine Person sitzt am Computer, verschiedene Codes sind geöffnet

Von 1990 bis 2020 sind die Fälle von Computerbetrug um 412 Prozent gestiegen.

Credit: Annika Pezold

Erst kürzlich wurde das Strafmaß von Paragraf 184b Strafgesetzbuch angehoben, jetzt steht die Gesetzesänderung schon wieder in der Kritik. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit sei nicht immer einzuhalten. Der Paragraf 184b Strafgesetzbuch bezog sich vor 2004 auf jugendgefährdende Prostitution. Seitdem wird hier der Tatbestand für Kinderpornografie festgehalten. Zahlreiche Änderungen wurden an dem Paragrafen vorgenommen und es werden wohl noch Neue dazu kommen.

Mit der Entwicklung des Internets haben sich für den Erwerb, den Besitz und die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte neue Möglichkeiten ergeben. So ist seit 1990 auch ein deutlicher Anstieg der Straftaten festzustellen. Einen vorläufigen Peak gab es 2008, seitdem sind die Zahlen leicht schwankend. Insgesamt ist die Tendenz in den vergangenen Jahren aber wieder ansteigend. Laut BKA ist eines der größten Probleme, dass Täterstrukturen und Tatbegehungsweisen häufig schwer nachzuvollziehen sind und es eine große Dunkelziffer gibt. “Für besonders komplexe oder technisch schwierige Fälle im Bereich Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet wurde zum 1. Oktober 2020 das Zentrum zur Bekämpfung von Kinderpornografie und sexuellem Missbrauch im Internet (ZKI) als besondere Organisationseinheit unter dem Dach der ZCB errichtet”, erklärt das Bayerische Staatsministerium der Justiz. 

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Eine Brille liegt auf der Tastatur eines Laptops, im Brillenglas spiegeln sich Internetvideos.

In Bayern ist die Zahl der Verurteilungen im Zusammenhang mit Kinderpornografie von 2020 auf 2021 um 18 Prozent gestiegen.

Credit: Jonas Hackbusch

Die Polizei definiert Internetkriminalität als Straftaten, die auf dem Internet basieren oder mit Techniken des Internets geschehen. Seit der Etablierung des Internets in den 1990er Jahren gibt es auch Internetkriminalität. Von 33 Prozent der Internetnutzenden in Deutschland wurden persönliche Daten ungefragt weitergegeben. Microsoft Office ist dabei die am häufigsten von Cyberattacken angegriffene Anwendung, so Statista.

Insgesamt hat das Internet also die Begehung von Straftaten in gewissen Bereichen erleichtert oder ganz neue Straftaten ermöglicht. “Je schneller die Digitalisierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Verwaltung voranschreitet, desto mehr Angriffspunkte ergeben sich für Cyberkriminelle, beispielsweise im Hinblick auf immer mehr Home-Office-Arbeitsplätze”, so das Bayerische Justizministerium. Aber der Cyberspace ist kein rechtsfreier Raum. Die Menschen müssen in der digitalen Welt genauso sicher sein und sich auch genauso sicher fühlen wie in der analogen Welt. Für eine erfolgreiche Bekämpfung von Internetkriminalität sind Prävention, Erkennung, Folgenminderung und internationale Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung.

Ein Artikel von

Annika Pezold
Jonas Hackbusch
David Angerpointner-Sonntag