Gesellschaft

Von Wald bis ins Wohnzimmer

Mike Müller
Michel Möller
Andre Scheerhans
Bild eines schneebedeckten Waldes
Wie die Holzwirtschaft betrieben wird, ist grundlegend für die Nachhaltigkeit von Möbeln.
Credit: Mike Müller

Wie nachhaltig sind unsere Möbel?

In Deutschland grünt es. Zumindest wenn man den den Werbesprüchen vieler Hersteller Glauben schenkt. Sie versprechen nachhaltige, langlebige und umweltfreundliche Produkte. Von Lebensmitteln über Kleidung bis hin zu Möbeln. Letztere haben wir für unser datenjournalistisches Projekt etwas näher unter die Lupe genommen.  

Wie sehr hat sich das Angebot der Hersteller im Bereich nachhaltiger Möbel in den letzten Jahren verändert? Haben wir unsere Einrichtungsgewohnheiten dem allgemeinen Trend der Nachhaltigkeit angepasst? Wie sieht es mit nachhaltiger Forstwirtschaft aus? Woher stammt das Holz für unsere Möbel und wie könnte hier die Zukunft aussehen?

In unserem Projekt möchten wir euch diese Themen näherbringen. Dazu haben wir öffentlich zugängliche Daten ausgewertet, eine eigene Umfrage gestartet und mit einem Experten für Forstwirtschaft der Bayerischen Staatsforsten gesprochen.  

Was sind die Bayrischen Staatsforsten
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Die Werbeversprechen der Industrie: Alles Grün oder was?

Allgemein wird heute immer mehr mit nachhaltiger Produktion geworben. Umweltfreundlich soll es sein. Doch was bedeutet es genau? Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung sagt dazu, dass „die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen sind, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden. Dabei ist es wichtig, die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – wirtschaftlich effizient, sozial gerecht, ökologisch tragfähig – gleichberechtigt zu betrachten.“  

Es ist aber nicht immer Grün drin, wo Grün draufsteht. Green Peace verkündete z.B. 2018 seinen Ausstieg aus dem FSC, einem der bekanntesten Siegel für Holz aus nachhaltiger Wirtschaft. Green Peace hat dokumentiert, dass durch FSC zertifizierte Urwälder abgeholzt wurden, beispielsweise in Russland und im Kongobecken. Das Problem ist, dass es bis heute keinen adäquaten Ersatz für das Siegel gibt.

Das Positive an Siegeln: In manchen nicht europäischen Ländern sind die gesetzlichen Standards für nachhaltige Holzwirtschaft sehr niedrig. Hier sind die Siegel hilfreich, um die Standards anzuheben.

Es ist allgemeiner Konsens, dass neben dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern der Wald für das Klima eine zentrale Rolle spielt. Doch gerade bei Möbeln ist es ungemein schwer zu erkennen, ob es sich um ein nachhaltiges Möbelstück handelt oder nicht. Der Verband der Deutschen Möbelindustrie verweist auf von der Branche selbst vergebene Siegel wie das "Goldene M" oder das Gütezeichen "Klimaneutrale Möbel". Auch die Hersteller selbst haben eigene Gütesiegel. „Nachhaltiger leben: Können wir euch bequem einrichten“, heißt es etwa bei Segmüller. Geworben wird auf der Website mit allerlei Siegeln nachhaltiger Wirtschaft. Eines, so schreibt es auch Green Peace, sei dabei besonders kritisch zu betrachten: das PEFC-Siegel zur Förderung nachhaltiger Waldwirtschaft. Bemängelt wird hier, dass es keine unabhängigen Kontrollen gebe. 

Als Konsument sollte man darauf achten, was im Kleingedruckten steht, so kann es sich bei einigen Produkten um einen Mix aus FSC-zertifiziertem Holz und nicht zertifiziertem Holz handeln.

 

Wofür sind die Zertifikate gut?
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Bild von markierten Baumstämmen, die auf die Abholung warten
Markierte Baumstämme warten auf ihre Abholung.
Credit: André Scheerhans

Nachhaltige Forstwirtschaft

Verantwortung übernehmen für Mensch und Natur. Die Bayerischen Staatsforsten machen es vor. Als Anstalt öffentlichen Rechts am 1. Juli 2005 gegründet, ist der Auftrag die nachhaltige Bewirtschaftung des bayerischen Staatswaldes. Das Hoheitsgebiet hier: ca. 8000 Hektar Wald. Maximilian Kammermeier von den Bayerischen Staatsforsten sagt hierzu: „Wir machen das in einer vorbildlichen Weise, das heißt, so wie wir den Wald bewirtschaften sollte es unter anderem Vorbild für andere Waldbesitzer sein.“ Auch wenn die Bayerischen Staatsforsten keinen direkten Kontakt mit dem Endkunden hat, erzählt uns Kammermeier, dass man die Trendentwicklung der Nachhaltigkeit spüre. Gerade bei hochwertigen Möbelproduzenten werde damit geworben, Holz aus einheimischen Wäldern zu verarbeiten.

Was ist nachhaltige Forstwirtschaft?
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Eine weiteres Kriterium für nachhaltige Möbelstücke sind die Lieferwege. Hier fällt auf, dass diese gerade bei großen Herstellern meist sehr lang sind. Der entscheidende Faktor hier ist der Konsument. Dieser entscheidet, ob er das preisgünstige Möbelstück aus China kauft oder sich für ein nachhaltigeres heimisches Produkt entscheidet. Eine interessante Entwicklung für die Zukunft sind Möbel aus Pilzgeflechten. 

China und Holzexporte
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Baustoffe der Zukunft?
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Beim Kaufverhalten spielt für ihn aber auch der Preis eine wichtige Rolle. Was sich in diesem Zusammenhang geändert hat: der Markt für gebrauchte Möbel. „Man ist offener geworden, ein gebrauchtes Möbelstück zu kaufen. Das ist zum einen günstiger und nachhaltiger, denn umso länger man ein einzelnes Produkt nutzt, umso besser ist es“, sagt Kammermeier. Eine Entwicklung also, die voll im Trend liegt. Vintage und Upcycling sind hier Schlagworte. „Auch Retromöbel, gerade aus den 60iger 70iger Jahren erfreuen sich großer Nachfrage", so Kammermeier weiter. 

 

Insgesamt zeichnet sich ab, dass viele Einrichtungshäuser auf den Trend der Nachhaltigkeit aufspringen. Selbst Giganten wie Ikea versprechen: „Unser Ziel bis 2030: Wir werden unsere Produkte ausschließlich aus erneuerbaren und recycelten Materialien herstellen“. Wenn man bedenkt, dass gerade der Möbelriese aus Schweden wegen umweltschädlichem Holzabbau und langen Lieferwegen aus Asien immer wieder in der Kritik steht, ist dieses Unterfangen ambitioniert. Aber auch andere Unternehmen haben neue Produktlinien entwickelt und werben speziell Kunden an, die hohen Wert auf Nachhaltigkeit legen. Doch wieso ist das so? Hat sich unser Konsumverhalten derart verändert?

 

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Second Hand liegt im Trend

 

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Bild über die Schulter auf Handy beim Möbelkauf
Mit nur ein paar Klicks zum neuen Möbelstück.
Credit: Michel Möller

Wer sich heute ein neues Möbelstück kaufen möchte, sieht sich einem breiten, fast unüberschaubaren Angebot gegenüber. Da ist es doch schön, wenn man sich die Gedanken um einen neuen Esstisch gar nicht machen muss. „Unseren Esstisch haben wir vom Vormieter übernommen“, erzählt uns Sina Prinz. Sina, die mit Ihrem Freund Marvin vor zwei Jahren in eine neue Wohnung gezogen ist, erzählt uns, wie sie ihr Konsumverhalten einschätzt: „Allgemein habe ich mich noch nicht mit dem Thema auseinandergesetzt, aber natürlich macht es Sinn, Möbel nicht immer neu zu kaufen. Wir haben, als wir in unsere Wohnung gezogen sind, nicht die Notwendigkeit gesehen, alles neu zu kaufen. Vieles was wir bereits hatten, erfüllt noch immer seinen Zweck“. „Ressourcenverschwendung ist das sonst“, wendet Marvin ein. Er schaut gerne auf eBay, ob es etwas Gebraucht gibt, statt es neu zu kaufen. 

 

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Bild eines online Interviews, über die Schulter auf den Laptop
Sina (29) und Marvin (24) erzählen, wie sie zusammengezogen sind.
Credit: Michel Möller

Ihre Stühle haben Sina und Marvin „upgecycelt“ statt gleich neue zu kaufen. Das junge Paar hat die Stühle einfach mit neuen Bezügen aufgewertet und so nicht nur Geld gespart, sondern auch unbewusst nachhaltig gehandelt. Und das ist auch der Kern des Ganzen. Denn für die Zukunft ist es doch am nachhaltigsten, einfach nichts Neues zu kaufen und unseren Möbelstücken ein langes Leben zu ermöglichen. 

Ein Artikel von

Mike Müller
Michel Möller
Andre Scheerhans