„Ohne Sport geht bei mir gar nichts“
18 kcal, 21 kcal,… Langsam steigen die Zahlen auf dem kleinen Display des Ergometers. Mit dem Trainingsbike wird nach Kalorienverbrauch, nicht nach Zeit trainiert. Laut seinem Trainingsplan muss Thomas Seidel heute 40 kcal pro Runde erreichen, insgesamt fünf Runden muss er noch absolvieren. "Ohne Sport geht bei mir gar nichts", sagt Seidel. „Jetzt wird man mich gleich richtig leiden sehen. Aber das Gefühl danach ist einfach gut!“
Utensilien zurechtlegen, Musik anschalten, Finger tapen… Der ehemalige Leistungsturner folgt bei seinen Trainingsvorbereitungen einem festen Ablauf. Dabei will er die Zeit nutzen, um sich mental auf das Training vorzubereiten und alle Übungen im Kopf durchzugehen.
Am Vormittag hat er bereits ein Workout absolviert, nun kommen am Nachmittag nochmal anderthalb Stunden Training hinzu. Eine Mischung aus Ausdauer und dem Heben von schweren Gewichten. Während der Aufwärm- und Mobilisationsphase ist Seidel kaum ansprechbar. Wie eine Maschine arbeitet er die einzelnen Schritte der täglichen Routine ab. Stets hoch fokussiert.
Beim Seilspringen läuft es heute nicht so wie er will. Mehrere Male springt Seidel auf das Seil und muss neu ansetzen. „Was ist denn heute verdammt nochmal los?!“, schimpft er. Geprägt durch seine jahrelange Karriere als Leistungsturner, ist er auch im täglichen Training ein Perfektionist.
Das Stemmen der Langhantel mit schweren Gewichten gelingt ihm heute besser. Mühelos hebt er das Anfangsgewicht von 35 Kilo nach oben. Runde um Runde steigert er dieses.
Seidel wirkt erschöpft. „Ich war bis Montag noch krank, am Mittwoch habe ich das erste Mal wieder trainiert“. Das ist nun zwei Tage her. Im Sport beziehungsweise in der Vorbereitung für die Wettkampfsaison ist Kontinuität Alles, da könne er nicht länger ausfallen. Nach einer kurzen Verschnaufpause nimmt er das Training wieder auf.
Jede Übung, jede Rundenzeit, jede Pause – alles wird genau dokumentiert. „Im Sommer stehen die Semi-Finals von den internationalen Crossfit-Meisterschaften an, bis dahin ist jedes Training und jeder Tag komplett durchgeplant. Alles ist nach dem Sport ausgerichtet“, so Seidel.
Anschließend sind Snatches geplant, das ruckartige Stemmen von Gewichten über den Kopf. Es ist Seidels absolute Lieblingsübung. Anfangsgewicht 22,5 kg, Wettkampfsgewicht 32 kg.
Seine letzte Übung im heutigen Training sind die Ausfallschritte mit einer 22,5 kg-Hantel, die er für die gesamte Übungsdauer über dem Kopf hält. „ Diese Übung macht mich kaputt, vor allem meine Knie bedanken sich“ sagt Seidel und lacht, während er die Kniebandagen hochzieht und anfängt. In seinem Training wechselt er permanent zwischen einem Grinsen und einem schmerzverzehrtem Gesicht, ein schmaler Grat zwischen Freude und Erschöpfung.
Das heutige Training ist geschafft. Zur Regeneration gibt sich der Crossfit-Trainer selbst weniger als 24 Stunden, denn es muss weiter gehen. „Morgen stehen wieder drei Stunden Training auf dem Plan“, sagt er. „Aber das Gefühl, sich beim Training komplett verausgabt zu haben, ist einfach geil. Das brauche ich!“
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