Atemlos
Kann Tauchen ohne Sauerstoff und mit einem Bleigürtel um den Bauch auch Freiheit bedeuten? Für viele ein sicherlich befremdliches Gefühl. Doch Menschen wie Petra Ney lieben es, die Unterwasserwelt in ihrer ursprünglichen Form zu erleben.
Apnoe - oder auch Freitauchen - heißt das Tauchen mit dem eigenen Lungenvolumen, also ohne künstlichen Sauerstoff. Petra Ney ist Apnoe-Taucherin: „Vor zehn Jahren probierte ich Apnoe in Ägypten aus und bin dieser Faszination verfallen“, sagt Ney. Die Wahl-Münchnerin ist beruflich Speditionskauffrau. Vor kurzem hat sie noch die Ausbildung zur Freitauchlehrerin gemacht.
Neys zweite Heimat, eine zum Tauchzentrum umfunktionierte Sauerkrautfabrik, bietet viele Möglichkeiten, um ihrem außergewöhnlichem Hobby nachzugehen und mit anderen Tauchern zu trainieren. „In der Apnoe-Community kennt jeder jeden. Diese familiäre Gemeinschaft verleiht dem Sport auch noch einmal eine besondere Anziehungskraft“, schwärmt sie.
Wichtig seien vor dem Tauchgang vor allem die Aufwärmübungen, sagt Ney: „Wenn ich bereits Tiefen unterhalb von zehn Metern im Wasser erreichen möchte, brauche ich eine gute Beweglichkeit. Ich muss in der Lage sein, mein Lungenvolumen voll auszunutzen.“
„Apnoe hat unheimlich viel mit Entspannung zu tun“, so die Freitaucherin. „Atem-Übungen aus dem Yoga helfen mir dabei, von einem stressigen Arbeitstag abzuschalten und mich voll auf einen Tauchgang zu konzentrieren.“
Beim „Statik“-Tauchen versucht der Freitaucher für möglichst lange Zeit seinen Kopf unter Wasser zu halten. „Herausfordernd dabei ist, dass ich meine Vitalfunktionen auf ein Minimum runterfahren muss, da ich sonst zu viel Sauerstoff verbrauche“, erklärt die Taucherin. Den Guinness-Weltrekord hält der Kroate Budimir Sobat, der 24 Minuten und 33 Sekunden den Atem unter Wasser anhalten konnte.
Die Ausrüstung der Freitaucherin: ein Neoprenanzug von drei bis fünf Millimetern Dicke, außerdem Füßlinge, spezielle Flossen für einen guten Vortrieb, und eine Apnoe-Maske mit geringem Innenvolumen, die den Druckausgleich vereinfacht. Bleielemente sorgen für den notwendigen Abtrieb in die Tauchgewässer.
Bevor Ney die zweite Übung ihres Trainings beginnt, bedarf es wieder einer Vorbereitung. Trägt sie beim „Statik“ nie Flossen, sind diese für die darauffolgende Übung unabdingbar. „Apnoe ist mit sehr viel Vorbereitung verbunden - im Gegensatz zu der Zeit, welche man unter Wasser verbringt. Eigentlich ein Missverhältnis, dass mich aber keineswegs stört“, so die Apnoe-Taucherin.
Nach dem zweiminütigen Vorbereiten der Lungen – dem „Voratmen“ - taucht Ney kopfüber ab. Im Nachhinein erklärt sie, dass vor allem auf den ersten Metern in die Tiefe ein stetiger Druckausgleich wichtig sei: „Sobald ich Druck oder gar Schmerzen auf den Ohren habe, ist das ein Zeichen dafür, dass der Druckausgleich zu selten gemacht wurde.“
Eine weitere Disziplin ist das Streckentauchen. Den Weltrekord hält der Pole Mateusz Malina, der während eines Tauchganges 316,53 Meter hinter sich brachte. „Die Profis tauchen in einer anderen Liga. Ich mache das schließlich nur als Hobby und zur Entspannung. Wenn ich 70 Meter schaffe, bin ich schon sehr stolz.“, sagt Ney.
Auch Spiele könne man mit dem Apnoe-Tauchen verbinden, sagt die Taucherin: „Turmbauen mit Kinder-Bauklötzen oder Ringetauchen. All diese Übungen helfen mir dabei, mich komplett fallen zu lassen und die Zeit zu vergessen.“
Ney beschreibt eine ihrer Lieblingsübungen: „Manchmal lege ich mich schlicht auf den Beckenboden und genieße die Ruhe unter Wasser. Das ist dann der Moment, in welchem ich mich wirklich frei von Stress fühle.“
Nach dem Abziehen der Maske gibt die Freitaucherin das offizielle Klarzeichen „Petra Ney, I´m okay!“ Apnoe-Tauchen habe Ney jene Entschleunigung aus dem Alltag gegeben, die sie schon immer gesucht habe.
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