Wirtschaft

Der Arbeitsmarkt während der Pandemie in München

Klara Golombek
Maurice Grüning
Laura Lindig
Lesezeit 5 Minuten
Scrabbleboard, auf dem die Worte Corona, Arbeitsmarkt und Kurzarbeit zu lesen sind
Credit: Klara Golombek
Seit dem Beginn der Pandemie im März 2020 kämpfen Unternehmen um ihre Existenz, Arbeitnehmer müssen entlassen werden oder gehen in Kurzarbeit. Unser datenjournalistisches Projekt im Studiengang Management und Medien untersucht die Veränderung der Arbeitslosigkeit und beschäftigt sich mit dem Thema der Kurzarbeit. Außerdem haben wir betroffene Unternehmer gefragt, wie sie die aktuelle Situation erleben und was die Stadt München für sie tut.
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Entwicklung der Arbeitslosigkeit

„Immer mehr Menschen spüren, diese Krise hat jetzt nicht nur gesundheitliche Auswirkungen, sondern auch wirtschaftliche“, so der Diplompsychologe und Bewerbungsexperte Jürgen Hesse von Hesse/Schrader. Er hat uns in einem Interview die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt nähergebracht. Zudem erklärt er uns, welche Chancen die Pandemie mit sich bringt und welche besonderen Herausforderungen für Unternehmen aktuell bestehen.

(Anmerkung der Redaktion: Dieser Artikel entstand im Winter 2020/21, im zweiten Lockdown, darauf beziehen sich alle Angaben.)

 





Während die Arbeitslosenzahlen in München 2019 in den meisten Monaten relativ konstant blieben, werden die Auswirkungen der Pandemie im Jahr 2020 schnell sichtbar. Bis zum März sanken die Arbeitslosenzahlen, aber mit der Ausbreitung des Covid-19-Virus nahmen die Zahlen bis in den August drastisch zu. Die Arbeitsagentur für Arbeit meldete im März 2020 20.935 Arbeitslose und diese Zahl stieg bis auf 35.454 im August an. In der Zeit sind somit circa 15.000 Personen arbeitslos geworden. 




Die Auswirkungen der Pandemie sind für jeden von uns sichtbar: Ein Lockdown nach dem anderen und es ist noch kein Ende in Sicht. Wie aus der Grafik zu entnehmen ist, herrscht in den Stadtteilen Münchens die höchste Arbeitslosenquote im Dezember 2020 im Stadtteil Ramersdorf-Perlach mit 3,4%, gefolgt von Berg am Laim mit 3,36% und Milbertshofen-Am Hart mit 3,29%. Die Arbeitslosenquote wurde anhand der gemeldeten Arbeitslosen bei der Agentur für Arbeit München und der Einwohnerzahl der jeweiligen Stadtteile ermittelt. Altstadt-Lehel und Schwabing West haben den geringsten Anteil an Arbeitslosen. In vielen Stadtteilen Münchens lässt sich erkennen, dass die Arbeitslosenquoten von März bis September stiegen, aber bis Dezember wieder abgeflacht sind. 






Die Grafik zeigt, dass die arbeitslos gemeldeten Frauen und Männer bis zum März relativ konstant geblieben sind. Aber mit Beginn der Pandemie stiegen die Zahlen an. Im August 2020 erreichen die Arbeitslosenzahlen ihren Höchststand. 19.472 Männer und 15.982 Frauen waren in diesem Monat betroffen. Auffällig ist aber auch, dass die Zahlen in den Monaten danach wieder abnehmen. Aus dem Diagramm lässt sich ebenfalls erkennen, dass die Arbeitslosenzahlen der Männer und Frauen immer ziemlich konstant bleiben und ungefähr gleich zu -oder abnehmen.  


Kurzarbeit sichert Arbeitsplätze

"Die Kurzarbeit ist sicherlich das Mittel, womit unsere Branche am Schluss dann gerettet wird.“, sagt Christian Schottenhamel, der Inhaber des Restaurants Paulaner Nockherberg in München. Ohne diese Möglichkeit würde es seine Branche nicht mehr geben. Durch die Kürzung der regelmäßigen Arbeitszeit besteht ein gewisser Ausfall des Verdienstes. Dieser wird von der Agentur für Arbeit durch das Kurzarbeitergeld ausgeglichen, um Entlassungen zu vermeiden.

Auch die Friseurin Sindy Distelmeier aus Neubiberg fürchtet um ihre Existenz. In ihrem Salon CutPoint waren monatelang keine Kunden mehr. Alle ihre Mitarbeiter sind in Kurzarbeit und sie erzählt uns in einem Interview, dass ihr „ganzes Team sich Nebenjobs gesucht hat“. Ihre Auszubildende, die ihre Ausbildung beendet hatte, musste sie entlassen. „Geld ist eine wunderbare Sache, wenn es ankommen würde, weil damit schützt man schon Arbeitsplätze, wenn man auch nicht alle schützen kann.“

Auch die Besitzerin des Trachtengeschäfts Fuchsdeifeswuid Julia Müller erlebt momentan eine besonders schwere Situation. Sie selber hat „zum Glück“ keine Angestellten, aber auch bei ihr sind kaum Umsätze zu verzeichnen. Trotzdem erfährt sie von Betrieben, die mit ihr zusammenarbeiten, wie deren Angestellte die Kurzarbeit erleben. „Den Mitarbeitern fehlt halt einfach trotzdem ein großer Teil vom Lohn.“, sagt sie uns im Interview. Ergänzend fügt sie hinzu, dass es keine Dauerlösung ist und auch nicht sein kann.

Ihre Meinung teilt auch Jürgen Hesse: „Aber wir wissen alle, dass in einer krisenhaften Zeit manchmal auch Zwischenlösungen oder Zwischenschritte sehr hilfreich sein können“.  Es sei „viel klüger, das Geld auf diese Art und Weise auszugeben“ als dass die Betriebe Personalkürzungen vornehmen müssen, um das Geschäft erhalten zu können.

 

Die Grafik zeigt die Entwicklung der realisierten Kurzarbeit in München 2019 und 2020. Darunter zählen alle Gelder, die beantragt und ausgezahlt wurden. Im Jahr 2019 beträgt die höchste Anzahl der Kurzarbeitergeld-Empfänger im Dezember 934 Personen. Im Vergleich zu 2020 stieg diese Zahl enorm an. Bis in den Februar 2020 gab es nur geringe Veränderungen. Während zu Beginn der Pandemie im März 80.101 Personen gelistet wurden, erreichte die Zahl einen Monat später ihren Höchststand mit 183.241 Kurzarbeitenden. 

Betroffene über ihre Situation

Die Betriebe in München bangen um ihre Daseinsberechtigung, aber wie geht es ihnen wirklich? Gastronom Christian Schottenhamel, Geschäftsinhaberin Julia Müller und Friseurin SindyDistelmeier sprechen über die aktuelle Situation ihrer Betriebe.

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Friseurin Sindy Distelmeier mit Schere
Credit: Sindy Distelmeier
Betroffene im O-Ton: Friseurin Sindy Distelmeier aus Neubiberg (1 min)
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Christian Schottenhamel im Biergarten
Credit: Neumann
Betroffene im O-Ton: Gastronom Christian Schottenhamel aus München (2 min)
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Julia Müller
Credit: Julia Müller
Betroffene im O-Ton: Trachtengeschäft-Inhaberin Julia Müller aus Landshut (1 min)
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Was tat die Stadt München für die Münchner Arbeitgeber?

Wolfang Nickl vom Referat für Arbeit und Wirtschaft der Landeshauptstadt München hat uns erzählt, was die Stadt für ihre Arbeitnehmer und Arbeitgeber geleistet hat. Um die Arbeitslosigkeit zurück zu halten und die Betriebe zu unterstützen, erhielten viele von ihnen die Zahlung einer Soforthilfe im Frühjahr 2020. Zudem weist Nickl darauf hin, dass betroffene Unternehmer online Informationen zu weiteren wirtschaftlichen Hilfen finden. 

Neben den finanziellen Unterstützungen, rief die Stadt München zusammen mit dem Referat für Arbeit und Wirtschaft die Plattform #muenchenhältzamm ins Leben. Diese dient dazu, dass Betriebe im Kontakt mit ihren Kunden bleiben, indem sie über die Seite beispielsweise Sonderangebote anbieten. Ein weiteres Angebot ist „Mia gehen online“, bei den Schulungen angeboten werden, um „kleine Unternehmen fit für das Internet zu machen“, so Nickl. Es gab Programme wie „Sommer in der Stadt“ oder den „Wirtshauswiesn“ die helfen sollten, ein besonderer Anreiz für Besucher zu sein, um die Gaststätten in der Innenstadt zu besuchen. Gastronomen bekamen im Verlauf des Jahres Lockerungen in den Vorschriften für Freischankflächen. Die Stadt stellte zusätzliche Flächen im Straßenraum zur Verfügung ohne dafür ein Entgelt zu erheben. Die sogenannten „Schanigärten“ werden auch in diesem Jahr weiterhin zur Verfügung stehen.

Nickl sagt weiterhin, dass man versucht hat vor allem digital vermehrt Hilfe und Angebote anbieten zu können, damit gerade betroffene Branchen eine Umsatzmöglichkeit bekommen. Er ergänzt: „In der Regel geschieht dies über Plattformen, flankiert durch Social Media. Auf diese Weise konnten z. Bsp. die Händler des Münchner Christkindlmarkts kurzfristig ihre Kunden im Internet ansprechen.“ 

Ein Artikel von

Klara Golombek
Maurice Grüning
Laura Lindig