Wirtschaft

Die junge Generation und die Riester-Rente

Michel Möller
Andre Scheerhans
Mike Müller
Lesezeit 10 Minuten
Zwei Generationen auf einer Bank
Zwei Generationen auf einer Bank
Credit: Michel Möller
An die Rente denken die meisten jungen Menschen noch nicht. Doch die, die es tun, haben oft keine gute Meinung über die Altersvorsorge in Deutschland - vor allem nicht über die Riester-Rente. Die Frage ist: Kann man von dieser überhaupt noch profitieren?
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Ein kleiner schmaler Flur führt in die Erdgeschoss-Wohnung des Elternhauses, in der Yannick Leist gemeinsam mit seiner Freundin und ihrem gemeinsamen Hund leben. Vor einer robusten Werkzeugbank bleibt Yannick stehen. Er erzählt, dass diese einmal seinem Opa gehörte, der ihn auf das Thema Altersvorsorge aufmerksam machte. Dadurch fing Leist schon früh an, sich mit staatlichen Zulagen für die private Altersvorsorge und der Riester-Rente zu befassen. 

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Leist und seine Freundin sitzen zusammen am Tisch und machen sich Gedanken über ihre Altersvorsorge
Leist macht sich mit seiner Freundin Gedanken über seine Altersvorsorge
Credit: Mike Müller
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Leist vor dem Zufahrtstor zu seiner Wohnung
Leist vor dem Zufahrtstor zu seiner Wohnung
Credit: Mike Müller

„Klar bekommt man bei der Riester-Rente Zuschüsse vom Staat, aber die Gewinne sind letztendlich zu minimal. Dann kann ich das Geld auch auf einem Sparbuch liegen lassen“, sagt der 23-jährige Maschinenbaustudent.

„Mein Opa hat mir damals zu meiner Geburt einen Sparplan eröffnet und jeden Monat 50 Euro dort eingezahlt. Das Geld habe ich dann zu meinem 18. Geburtstag bekommen.“ Die hohe Summe wollte Leist sparen anstatt auszugeben, weshalb er anfingt sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. 
„Das war natürlich schon eine gewisse Summe. Ich habe mich dann teilweise über das Internet informiert oder mir mehrere Bücher gekauft.“

Doch Riestern sei für ihn keine Alternative. „Die Riester-Rente ist gut gemeint, aber schlecht umgesetzt", sagt Leist. Er setze bei seiner Altersvorsorge nicht auf den Staat.

Mittlerweile, gut 20 Jahre nach der Einführung der Riester-Rente, gibt es laut den Prozessdaten der Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen rund 16 Millionen Verträge - Zahl stagnierend. Nur noch in ein Fünftel dieser Verträge wird, laut einer Antwort der Bundesregierung auf Anfrage der FDP, investiert.

Das Versprechen der Riester-Rente war es, eine attraktive Stütze zur bestehenden gesetzlichen Rentenversicherung zu bieten. Diese Zulagen sollte die Bevölkerung zum Sparen anregen. Nicht zuletzt war auch die Reduzierung der gesetzlichen Rente im Jahr 2000/2001, von 70 Prozent auf 67 Prozent, ein Grund sie einzuführen, wie einem Bericht vom Leibniz-Institut entnommen werden kann.

Der Kunde zahlt mindestens 4 Prozent seines Bruttojahreseinkommen auf einen Riester-Renten Vertrag ein und erhält darauf eine Grundzulage von 175 Euro vom Staat.


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Larisch hat auf Grund seiner Arbeit bei der Verbraucherzentrale oft mit dem der Riester-Rente zu tun
Larisch hat auf Grund seiner Arbeit bei der Verbraucherzentrale oft mit dem der Riester-Rente zu tun
Credit: Mike Müller

Nicht nur bei Leist findet die Riester-Rente wenig Anklang, so meint auch Merten Larisch von der Verbraucherzentrale Bayern: „Ich selbst sage die Riester-Rente ist gescheitert.“

„Aus unserer Erfahrung, aus Beratungen und Vorträgen, kann die Bevölkerung leider nicht immer richtig einschätzen, ob ein Finanzprodukt passend ist. Problem ist, dass Altersvorsorge und Geldanlage so nicht in der Schulbildung vorkommen.“

Hinzu komme, dass viele nach einer Art Gefühl Produkte auswählen, welche sie aus Medien kennen: „Bei solchen Medien gibt es natürlich solche und solche, von der Süddeutschen bis zur Stiftung Warentest.“
Bei der Wahl der Produkte für die Altersvorsorge wird vielen Privatpersonen ein Produkt verkauft, dass ihnen ein Makler oder Versicherungsvermittler angeboten hat. Das führe wieder rum dazu, dass sich die Riester-Rente für die allermeisten nicht lohnt. Kunden kaufen sich die Altersvorsorge ein, anstatt sich mit ihr vernünftig auseinander zu setzen und zu vergleichen, so der Experte
Jedoch könne sich die Riester-Rente auch lohnen. „Aber nur in sehr wenigen Lebenssituationen“, erzählt Larisch. Seltene Lebenssituationen, für die sich die Riester-Rente doch lohnt, seien zum Beispiel bei niedrigen Einkünften: „Man würde dann beispielsweise 60 Euro im Jahr einzahlen und erhält 175 Euro als Zulage vom Staat.“

Weiter führt Larisch jedoch aus, dass sich die Riester-Rente für die breite Masse nicht lohne und nicht lohnen werde, „Wenn an ihr nicht großflächig was verändert wird.“

Im Jahr 2019 zahlten rund 85 Prozent der Erwerbstätigen in die gesetzliche Rentenkasse ein, wie ein Bericht des Statistischen Bundesamt darlegt. Verglichen mit den Zahlen der Riester-Renten Verträge im Jahr 2022, in welcher sich grob ein Fünftel der deutschen Bevölkerung wiederfindet, sind die Zahlen der Riester-Renten Verträge vergleichsweise niedrig.

Durch das Bedienen eines Riester-Renten Vertrags können Steuerersparnisse erzielt werden.

Einzahlungen können als Sonderausgaben verbuchen und bei der Einkommenssteuer geltend gemacht werden. Ein Grund, weshalb 38 Prozent der ausgezahlten Förderungen an Gutverdiener fließen - an die 20 Prozent der geringen Einkommen gingen nur 7 Prozent.

Ein weiterer Grund für die Unattraktivität der Riester-Rente sei, dass Banken und Versicherer keine gesetzlichen Rahmen für diese Art der Verträge gegeben haben. Sie müssen lediglich gewisse Kriterien erfüllen, wie die Verbraucherzentrale auf ihrer Internetseite schreibt.
Somit sind anfallende Gebühren oft sehr hoch und am Ende verbleibt meist nur noch ein grobes Nullgeschäft, das sich für die meisten Kunden kaum lohnt.

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Schrauf hat sich bisher kaum Gedanken zu seiner Altersvorsorge gemacht
Schrauf hat sich bisher kaum Gedanken zu seiner Altersvorsorge gemacht
Credit: Michel Möller

Für Julian Schrauf ist das Thema der Altersvorsorge undurchsichtig. Der 23-Jährige hat sich mit dem Thema noch nicht intensiv auseinandergesetzt.

„Es ist trotzdem ein Thema, das man irgendwo im Hinterkopf hat, aber ich lebe im Jetzt und nicht in der Zukunft“, erklärt er weiter.

„Ich fände es sinnvoll, wenn gerade junge Menschen wie ich, die Möglichkeit haben schneller an Informationen zu kommen.“
Dafür hat er eine Lösung: „Altersvorsorge sollte so gestaltet sein wie ein Erste-Hilfe-Kurs. Es müsste überall geschult werden.“

Der Idee pflichtet auch der Experte zu. „Verbindlich. Am besten auch am Beginn der Berufstätigkeit.“ Es sollen nur keine Verkaufsgespräche sein, sondern Beratungsgespräche. Der Experte definiert das Ziel so: „Die Altersvorsorge ist nichts anderes als, dass man später sein eigener Gehaltszahler sein wird.“

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Sparschwein und Hammer als Symbol des Sparens
Sparschwein und Hammer als Symbol des Sparens
Credit: André Scheerhans

Laut Larisch ist für die Altersvorsorge in Deutschland keine Planungssicherheit gegeben.
„Es heißt immer, dass man jetzt Steuern zahlt und später muss man nicht mehr so viel einzahlen. Das stimmt nicht. Vielleicht zum Teil, aber wer zum Beispiel noch Mieteinkünfte hat oder wenn sich Riester-Rente mit Rürup-Rente und Entgeltumwandlungsrente hochtürmen, dann ist es eben doch ein Steuersatz, den man zahlen muss. Ob das nun 35 Prozent oder 30 Prozent sind, macht keinen Nennenswerten unterscheid.“ 

Ein Artikel von

Michel Möller
Andre Scheerhans
Mike Müller