Wirtschaft

Zwischen Energiewende und Nachhaltigkeit - Wie sich der Wohnungsmarkt verändert

Annika Pezold
David Angerpointner-Sonntag
Jonas Hackbusch
Lesezeit 10 Minuten
Symbolfoto, das einen Heizkörper zeigt
Im Zuge der Energiekrise versuchen die privaten Haushalte bei den Heizkosten zu sparen.
Credit: Jonas Hackbusch
In Freiham entsteht der neueste Stadtteil Münchens. Im Rahmen von Energiekrise und Klimawandel wird hier auf nachhaltige Konzepte gesetzt. In diesem Online-Artikel gehen wir auf die Veränderungen am Heizungsmarkt in den letzten 30 Jahren ein.
Lesezeit 10 Minuten

Baukräne ragen in den Himmel empor, große Lkws rollen in Kolonne entlang der Straße. Schon seit 2016 herrscht viel Trubel im neuesten Stadtteil Münchens. Auf einer Fläche von 250 Fußballfeldern entsteht das Viertel Freiham. Gebaut wird bis zum Jahr 2040 in mehreren Abschnitten. Der sogenannte erste Realisierungsabschnitt begann baulich erst 2016. Für den zweiten Realisierungsabschnitt wird zurzeit noch an der Ausschreibung gefeilt. Kompakt, grün und urban ist das Leitbild für den Stadtteil. Am Ende soll hier Platz für 25.000 Menschen sein. Wohnungen, Geschäfte, Grünflächen, öffentliche Plätze, ein Schulcampus, sowie ein Sport- und Landschaftspark - die Vorhaben sind gigantisch. Die Stadt München erwarb die Fläche in Freiham bereits in den 1960er Jahren, stets mit dem Hintergedanken, dass die Stadt irgendwann diese Kapazität ausschöpfen wird.

Recht versteckt, in einem bereits fertig gestellten Neubau, sitzt Daniel Genée. Als Stadtteilmanager ist er der zentrale Ansprechpartner vor Ort. Egal ob Informationen für neue Bewohner, Aufbau ehrenamtlicher Strukturen oder die Vermittlung gewerblicher Nutzungen - alles läuft über seinen Tisch. „Viel zu tun ist eh immer“, so Genée. In Freiham sieht er enorm viel Potenzial, denn das Neubaugebiet hier im Münchner Westen soll keineswegs ein „Grünwald 2.0“ werden. Vielfalt steht in Freiham an oberster Stelle. Genossenschaften, städtische Wohnungsbaugesellschaften und private Bauträger - sie sollen für verschiedene Bedürfnisse und für unterschiedliche finanzielle Möglichkeiten ein breites Angebot schaffen. „Bei den städtischen Wohnungen sind es viele Geförderte, während bei den Genossenschaften die Mieter selbst mit planen und zum Beispiel festlegen, wie die Innenausstattung und die Gemeinschaftsräume aussehen sollen”, erklärt Genée. Nicht nur in München steigt die Nachfrage nach Wohnungen, sondern auch bundesweit ist diese Entwicklung messbar. 

Mehr Wohnraum darf allerdings, vor allem in Zeiten des Klimawandels, nicht gleichzeitig eine Zunahme an CO2 Emissionen bedeuten. Im Münchner Stadtteil Freiham ist schon seit dem Baubeginn vor 7 Jahren das Thema Nachhaltigkeit wichtig gewesen. Für die Umsetzung ist unter anderem Michael Beiderbeck zuständig. Als Projektleiter ist er verantwortlich für die Installation der Heizungen in einigen Genossenschaftswohnungen.  „Die Branche zeigt, dass die Kundschaft weg von fossiler Energie will, also weg von Gas, weg von Öl und immer mehr zu erneuerbaren Energien“, so Beiderbeck. Freiham ist an das Fernwärmenetz angeschlossen. Dabei wird heißes Wasser von einem zentralen Kraftwerk zu den Wohnungen transportiert. So benötigt nicht jedes einzelne Gebäude eine Heizanlage, sondern die Wärme wird zentral über einen Standort angesteuert. Das Fernwärmenetz hat in Freiham kurze Wege, denn direkt im Stadtteil steht eine Geothermieanlage, welche die Wärme aus dem Inneren der Erde für die Beheizung des Stadtteils nutzt.

Professor Stefan Lecheler lehrt an der Universität der Bundeswehr in München technische Thermodynamik. Rund um das Thema Geothermie kennt sich Lecheler bestens aus. Um die Wärme aus dem Erdinneren gewinnen zu können, wird bis zu einer Tiefe von mehreren hundert Metern oder Kilometern gebohrt. In Freiham seien es ungefähr 2500 Meter, so Lecheler. Im Vergleich zu fossilen Brennstoffen ist die Geothermie zwar CO2-neutral, jedoch preisintensiver. 

Der Münchner Stadtteil Freiham dient zwar als Vorbild für den Bau von neuem Wohnraum, doch längst nicht als Blaupause für ganz Deutschland. Das Vorhaben in der bayrischen Landeshauptstadt ist mit einem enorm hohen Investitionsvolumen versehen. Fraglich, ob solche Projekte ebenfalls in ländlichen Regionen in Deutschland umgesetzt werden können. Dennoch trägt Freiham seinen Teil zur Energiewende bei. Ziel hierbei ist es, die Energieversorgung des Landes auf erneuerbare Energien umzustellen. Dafür wird der Ausbau von Wind-, Solar-, Geothermie-, und Biomasseenergie vorangetrieben. Eine zuverlässige Energieversorgung ist entscheidend für den Wohlstand unserer Gesellschaft, da unser tägliches Leben ohne Strom, Wärme und Mobilität nicht mehr vorstellbar ist. Zielsetzung der Energiewende ist es, eine umweltfreundliche Energieversorgung zu erreichen. Hierbei steht der Umstieg von fossilen Brennstoffen zu nachhaltigen Energieträgern im Vordergrund. 

Kein Öl, kein Gas - Freiham geht mit der dortigen Geothermieanlage der Energiewende entgegen. Die Erschließung der heißen Wasservorkommen direkt unter dem Stadtteil, ein wahrer Glücksgriff. Besserer Wärmeerhalt durch begrünte Dächer und eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr fördern zusätzlich das nachhaltige Konzept.  Noch stehen die Haltestellenschilder der Busse improvisiert auf dem Gehweg und die Baustellen mit ihren Gerüsten, Lärm und Dreck prägen das Straßenbild. Doch bis in Freiham keine Bagger mehr fahren und rund 25.000 Menschen ein neues Zuhause gefunden haben, wird noch viel Zeit vergehen.

Bild
Die Geothermieanlage in Freiham
Seit Herbst 2016 deckt die Geothermieanlage in Freiham den Wärmebedarf.
Credit: Jonas Hackbusch
Bild
Aufnahme während des Interviews mit Michael Beiderbeck.
Michael Beiderbeck betreut die Installation des Heizungssystems.
Credit: Annika Pezold
Bild
Heizungsrohre, die an der Decke einer Tiefgarage verlaufen
Auch durch die Tiefgaragen verlaufen die kilometerlangen Heizungsrohre.
Credit: David Angerpointner-Sonntag
Bild
Interview mit dem Stadtteilmanager Daniel Genée
Daniel Genée kümmert sich um die Anliegen der neuen Bewohner.
Credit: Annika Pezold
Bild
Rohre in einem Heizungskeller
Durch die Fernwärmeübergabestation wird das Wasser für die Haushalte erhitzt.
Credit: David Angerpointner-Sonntag

An dieser Stelle wird ein Inhalt eines externen Anbieters wiedergeben. Dabei werden personenbezogene Daten wie z.B. Ihre IP-Adresse an den Anbieter übermittelt. Der externe Anbieter kann diese auch dazu verwenden, Ihr Nutzungsverhalten mithilfe von Cookies oder anderen Tracking-Technologien zu Marktforschungs- und Marketingzwecken zu analysieren.

Die Übermittlung Ihrer Daten an den externen Anbieter wird so lange verhindert, bis Sie aktiv auf diesen Hinweis klicken. Technisch gesehen wird der Inhalt erst nach dem Klick eingebunden.

Ein Artikel von

Annika Pezold
David Angerpointner-Sonntag
Jonas Hackbusch